Aphorismen von Josef Pillhofer

Orientierung an der menschlichen Gestalt.
Die Aussage des Stehens,
die Aussage des Gehens,
die Aussage des Liegens –
die Inhalte werden sichtbar.

Zeichnen heißt Zeichen schreiben.
Diese sind das Alphabet für die Lesbarkeit eines Inhalts.
Freiheit der Improvisation wird durch die Bestimmtheit der Zeichen erlangt.

Überwindung des Exemplarischen und der Möglichkeiten.
Vertiefung und Verdichtung am Einen.

Das der menschlichen Figur Eigene vermag die Plastik in nötiger Gestalt
zu zeigen, herauszustellen, sichtbar zu machen.

Die menschliche Figur ist gebunden an das individuelle Modell einer Person
oder die sehr bestimmte Imagination einer solchen.
Es gibt keine allgemeine menschliche Figur.
Verschiedene Physiognomien beziehen sich auf eine Idealvorstellung der
menschlichen Figur, rufen aber auch eine neue Idealvorstellung hervor.

Meine Arbeit hat mich gelehrt, dass die Bestimmung einer endgültigen Form 
von der Vorstellung eines inneren Zentrums, dem alle bildnerischen Verhältnisse 
zugeordnet sein müssen, abhängt.
Der Umriss, die Silhouette, ist die Begrenzung, 
welche von innen her bestimmt wird
und der Masse der Materie zu einem harmonischen Erscheinungsbild verhilft.

Unbekümmertheit in der Zeit.
Die Zeit definieren als Künstler.
Unabhängig vom Zeitgemäßen,
zeitgemäß sein.
Vorwegnahme von Zeit in der Zeit als Zeitgewinn.

Zeichnen als Beobachten an den Phänomenen.
Überwindung der Überschreitungs- und Unterschreitungstendenzen.
Überwindung der Ismen.
Zeichnen als reflektierte Direktheit.

Der Mensch ist imstande
auf seine ihm gemäße Weise,
das heißt, geistige Weise, „Natur“ zu machen.

Körperbewegungen des Menschen, der menschlichen Figur, assoziieren ein Thema.
Das Stehen, das Liegen, das Sitzen.
Stehen als Standfestigkeit, Sitzen als Ruhen oder Denken, 
Liegen als Ausruhen oder Meditation,
Hocken als In-sich-Gehen,
Gehen als auf etwas Zugehen.

Das Werk zeichnet die Fährte des Suchenden nach dem eigentlichen Sinn.

Modern sein heißt, das Ungewohnte zu proklamieren.
Doch ein Wertkriterium ist Moderne noch nicht.
Eher die zeitlosen Fakten eines Bildes, einer Skulptur,
einer künstlerischen Einheit in der Zeit erreichen Qualität in der Moderne.

Da sich von meiner Erfahrung her ein Thema über den Arbeitsprozess zeigt
und einstellt, kann es nur mehr schwer gestellt werden.
Das heißt, Inhalt und Gehalt einer Skulptur sind über thematische Vorgaben 
nicht mehr zu einem gesicherten Ergebnis zu führen.
Der Auftraggeber ist nicht mehr imstande, einen Auftrag zu formulieren.
Der Künstler ist in dieser Zeit deshalb auch sein eigener Auftraggeber.

Skulptur ist das Dinghafte an sich, das Körperhafte,
welches dem Inneren die äußere Form verleiht
und dessen Außenseite auf ein Inneres verweist.

Wandlung und Verwandlung in ein Neues,
um das Unvergängliche im Fluss zu halten,
der Gegenwart eine Vergangenheit und eine Zukunft anzubinden,
und um den Fluss im Gefälle des Fließens einer Mündung zuzuführen,
dem Meer, welches sich in den Anfang wieder zurückverwandelt.
Ein- und Ausatmen.